Donnerstag, 29 Februar 2024 20:30

Umweltschützer Jean-Jacques Rettig gestorben Empfehlung

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Jean-Jacques Rettig bei einer der unzähligen Fessenheim-Aktionen Jean-Jacques Rettig bei einer der unzähligen Fessenheim-Aktionen Mitwelt Stiftung Oberrhein

von Axel Mayer

Mon ami, l'Alsacien Jean-Jacques Rettig (Le texte français)

Am Montag, 19.2.2024 ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der elsässischen Umweltbewegung, Jean-Jacques Rettig aus Freconrupt, gestorben. Aus Wunsch der Familie wird er im kleinen Familienkreis beerdigt. Eine größere Trauerfeier ist für den Sommer geplant.

Mein Freund, der Elsässer Jean-Jacques Rettig, Jahrgang 1937, war gemeinsam mit Solange und Michel Fernex eine der großen Persönlichkeiten der elsässischen Umwelt- und Antiatomkraftbewegung.  Der frühere Realschullehrer war schon 1974 bei der Bauplatzbesetzung gegen das Chemiewerk im elsässischen Marckolsheim dabei und auch beim Protest gegen das AKW in Wyhl stand er an vorderster Stelle. Am 17. Juli 1970, nachdem der erste Artikel in der "Derniere Nouvelle d'Alsace" über das AKW Fessenheim erschien, hat er mit drei Familien eine Bürgerinitiative gegründet. 1971 waren es schon 1500 Menschen, darunter 150 Deutsche. Vier Jahre später waren 15 000 dabei. Jean-Jacques war seit über 50 Jahren aktiv und er war "nicht nur" AKW-Gegner und Umweltschützer. Er war auch ein großer, engagierter Europäer und Humanist. Seit den frühen ökologischen Konflikten am Oberrhein hat er sich für das grenzenlose Europa der Menschen engagiert.

Ich erinnere mich an unsere wichtigste, gemeinsame, nirgends journalistisch verwertete Presseerklärung aus dem Jahr 2007. Gemeinsam hatten wir die sehr konkreten Pläne des damaligen französischen Präsidenten Sarkozy kritisiert, französische AKW an Präsident Gaddafi in Libyen zu exportieren. Eine Katastrophe für die Menschheit ist jedes neue Land, das mithilfe der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie zum Atomwaffenstaat wird. Es wäre schrecklich, wenn heute im Bürgerkriegsland Libyen französische AKW stünden und die Bürgerkriegsparteien Zugang zu Atomkraftwaffen und schmutzigen Bomben hätten.

Als Jean-Jacques Rettig 1974 die Bauplatzbesetzung gegen ein extrem umweltverschmutzendes Bleiwerk nach Marckolsheim  mit organisierte, war in Frankreich und Deutschland noch die Zeit der „guten, alten, offenen“ und vor allem sichtbaren Umweltzerstörung und Umweltvergiftung. Flüsse waren stinkende Kloaken, Kinder in der Umgebung von Verbrennungsanlagen litten an Pseudokrupp, in der Umgebung von Bleichemiewerken starben die Kühe an Bleivergiftung. Der Schweizer Atommüll wurde damals noch im Meer versenkt. Es war die unkritisch-technikbesoffene Nachkriegszeit, in der, trotz des Konzernwissens um die Gefahren, noch hemmungslos Asbest verbaut wurde.

Heute, 50 Jahre nach diesen ersten Konflikten, sind Luft und Wasser sauberer geworden. In unseren Bächen kann wieder gebadet werden. Das Atomkraftwerk in Fessenheim wurde endlich abgeschaltet. Strom aus Wind und Sonne ist um ein Vielfaches kostengünstiger als Strom aus neuen Atomkraftwerken.
Diese Erfolge für Mensch, Natur und Umwelt sind nicht vom Himmel gefallen. Wir haben sie Menschen wie Jean-Jacques Rettig zu verdanken.

In diesen Tagen der Trauer demonstrieren junge und alte Menschen mit Fridays for Future für eine nachhaltige, bessere Welt. Sie tragen sein Werk und Engagement weiter.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt-)BUND Geschäftsführer, TRAS Vorstand

(kennt Jean Jacques seit der Bauplatzbesetzung 1974 in Marckolsheim)

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