Freitag, 11 März 2022 11:13

Auch und gerade jetzt: Fukushima mahnt! Empfehlung

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Luftaufnahme des havarierten Atomkraftwerks Fukushima Daiichi Luftaufnahme des havarierten Atomkraftwerks Fukushima Daiichi RobinWood

Am 11.3.011 ereignete sich im japanischen Fukushima einer der schwersten Atomunfälle, die die Welt bis jetzt erlebt hat. Auch und gerade in Anbetracht des Kriegs in der Ukraine ist der heutige Jahrestag ein wichtiger Anlass, erneut daran zu erinnern: Atomkraft ist nie eine Lösung. Sie bedeutet immer ein unbeherrschbares Risiko für Menschen und Umwelt und fatale Folgeschäden.

Atomkraftwerke unter Beschuss, ein Brand in einem Nebengebäude von Europas größtem AKW Saporischschja und Stromausfall in dem havarierten Atomkraftwerk in Tschernobyl: Elf Jahre nach der Katastrophe von Fukushima wecken die erschreckenden Bilder von Atomkraftwerken im Kriegsgebiet in der Ukraine bei vielen von uns ganz konkret Angst vor einer erneuten Atomkatastrophe. Die Internationale Atom-Energie-Behörde (IAEA), ansonsten wirklich keine atomkritische Organisation, äußert sich "tief beunruhigt" über die aktuelle Lage der Reaktoren in der Ukraine. Zum einen besteht die Gefahr, dass einer der aktuell 15 Reaktorblöcke in der Ukraine durch Kriegshandlungen getroffen und beschädigt wird. Zum anderen können aber auch kriegsbedingte Schwankungen im Stromnetz bzw. Stromausfälle zu ernsthaften Problemen in den AKWs führen. Im schlimmsten Fall könnte es zu einer Kernschmelze und Explosion des Reaktors wie in Fukushima führen.

Zu der Gefahr eines Störfalls kommt eine neue Angst vor der militärischen Nutzung der Atomkraft. Putins unverhohlene Drohungen machen deutlich: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten besteht die Gefahr, dass Atomwaffen eingesetzt werden könnten. Russland und die USA besitzen aktuell gemeinsam über 3.500 einsatzbereite Atomwaffen. Käme es bei einer weiteren Eskalation zum Einsatz von Atomwaffen, würde dies eine massive Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen weltweit bedeuten. Bei dieser konkreten Gefahr gerät schnell aus dem Bewusstsein: Atomwaffen sind immer schon äußerst eng mit der sogenannten zivilen Nutzung der Atomkraft verbunden. Diese stellt wichtige Rohstoffe und Technologien zur Verfügung, die für den Bau von Atomwaffen benötigt werden. Solange Atomkraftwerke betrieben werden, wird es auch die Möglichkeit geben, Atomwaffen zu bauen.

Gleichzeitig hat der Krieg in der Ukraine hierzulande mal wieder eine Diskussion über Laufzeitverlängerung der verbleibenden Atomkraftwerke angeheizt. Es wirkt fast schon reflektorisch, wenn Vertreter der FDP und CSU schon wenige Tage nach Kriegsbeginn fordern, die drei letzten Atomkraftwerke Deutschlands nun doch über den kommenden Jahreswechsel hinaus zu betreiben. Dabei ist die Erzählung von ‚Atomkraft als Retterin der Versorungssicherheit‘ in der aktuellen Situation so fadenscheinig, dass das selbst Herrn Söder auffallen dürfte.

  • Zum einen würde der Weiterbetrieb der AKWs wenig gegen die Abhängigkeit von russischem Gas helfen. Nur ein geringer Teil (15%) des in Deutschland genutzten Erdgases wird zur Stromproduktion eingesetzt. Der Großteil wird zum Heizen und in der Industrie verbraucht und kann nicht durch Atomkraft substituiert werden. Dazu kommt: Mit einem wachsenden Anteil der Erneuerbaren im Strommix werden flexible Gaskraftwerke zunehmend zur Netzstabilisierung genutzt – eine Funktion, die die trägen Atomkraftwerke nicht übernehmen können.
  • Eine Laufzeitverlängerung der letzten AKWs wird kaum umsetzbar sein. Es fehlt schlichtweg an Brennstoff und Personal. Die Produktion und Lieferung von Brennelementen ist langwierig. Selbst wenn jetzt eine Lauzeitverlängerung in die Wege geleitet werden würde, könnten Atomkraftwerke nicht vor dem Herbst 2023 wieder am Netzt sein und damit deutlich zu spät, um in einer möglichen Energieknappheit im kommenden Winter zu helfen
  • Ein weiterer Betrieb der AKWs wäre höchst riskant. Im Hinblick auf ihre baldige Stilllegung wurden Wartungen an den Reaktoren ausgesetzt und die schon jetzt nachweislich erheblichen Mängel nicht repariert. Diese AKWs nun weiter laufen zu lassen, wäre ein gefährliches Spiel mit dem Leben und der Gesundheit von Menschen.

Aufgrund dieser Probleme haben sich auch die zuständigen Minister*innen Lemke und Habek mittlerweile klar gegen eine Laufzeitverlängerung ausgesprochen. Es bleibt also zu hoffen, dass diese Phantom-Diskussion bald vom Tisch ist.

Die verheerenden Atomkatastrophen von Fukushima und der aktuelle Krieg in der Ukraine mahnen eindrücklich: Ein Einsatz für Sicherheit weltweit muss auch immer ein Einsatz gegen Atomenergie sein. Unsere Gedanken und unsere Solidarität sind bei den Menschen, die in diesem Krieg um ihr Leben und ihre Liebsten bangen - und bei denjenigen, die weiterhin unter den Folgen der Reaktorkatastrophe in Fukushima leiden. Gemeinsam mit vielen anderen in der Klima- und Anti-Atom-Bewegung werden wir uns jetzt umso entschlossener für eine echte Energiewende, ein Ende der fossilen Abhängigkeit und einen vollständigen Ausstieg aus der Atomenergie einsetzen.

 

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